Menschenrechte – Handlungsanleitung in der Projektarbeit
Die Menschenrechte sind nach unserem Verständnis integraler Bestandteil von Nachhaltigkeit sowie Teil unserer Unternehmenswerte. Wir setzen uns für eine gleichberechtigte wirtschaftliche und soziale Teilhabe aller sowie einen gesellschaftlichen Dialog ein. Wir sind uns der teilweise herausfordernden Kontexte, in denen wir arbeiten, bewusst und prüfen sorgfältig, wie wir unsere Projekte menschenrechtssensibel gestalten können.
Als Dienstleisterin der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung unterstützt die GIZ ihre Partner weltweit dabei, die Menschenrechte zu stärken. Im Auftrag der Bundesregierung und anderer Auftraggeber setzen wir Projekte um, die dazu beitragen sollen, die Menschenrechtslage vor Ort zu verbessern. Wir qualifizieren im Rahmen unserer Projekte staatliche und zivilgesellschaftliche Akteure zu menschenrechtlichen Standards und Prinzipien und unterstützen unsere Partner*innen darin, alle Menschen politisch, wirtschaftlich und sozial teilhaben zu lassen.
Zwei solcher Projekte stellen wir hier vor:
Mit Menschen für Menschen etwas bewegen
Die Menschen zu erreichen, ist das zentrale Anliegen des regionalen Projekts „Soziale Grundrechte für benachteiligte Bevölkerungen“ (SoRi) im Westbalkan. Viele Menschen in Albanien, Bosnien und Herzegowina, in Kosovo, in Nordmazedonien und Serbien sind vom gleichberechtigten Zugang zu sozialen Dienstleistungen wie Gesundheitsversorgung, Bildung oder Sozialfürsorge ausgeschlossen. Ein Großteil von ihnen sind Roma, die gleich vielfach unter gesellschaftlicher Ausgrenzung leiden. Das BMZ-finanzierte Vorhaben SoRi will die Lebensbedingungen von Menschen aus sozial benachteiligten Gruppen verbessern und inklusive Gesellschaften fördern.
Um dieses Ziel zu erreichen, arbeitet das Projekt mit Zentren für soziale Arbeit, lokalen Verwaltungen und Nichtregierungsorganisationen zusammen und fördert die Kooperation zwischen ihnen. Es unterstützt die Informationsarbeit und Bewusstseinsbildung zu Grundrechten und sozialen Dienstleistungen für alle und erkundet Finanzierungsansätze für soziale Initiativen in Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft.
Im Jahr 2018 gründete und unterstützte das Projekt mehrere Sozialunternehmen, um Beschäftigung für benachteiligte Personen zu schaffen und die langfristige Finanzierung lokaler Anbieter sozialer Dienstleistungen sicherzustellen. In Bijeljina, Bosnien und Herzegowina, entstand so Agroplan, ein Gewächshaus für Obst und Gemüse, in Prishtinë in Kosovo das Cateringunternehmen eShpis. Das Projekt unterstützte auch zwei weitere solcher Initiativen in Nordmazedonien und Serbien.
In Nordmazedonien fördert SoRi innovative Ansätze der aufsuchenden Sozialarbeit. Eine Kooperation zwischen Stadtverwaltungen und Nichtregierungsorganisationen ermöglicht den Einsatz mobiler Teams aus Sozialarbeiter*innen und einem Arzt. Diese fahren in die Gemeinden, um den Menschen vor Ort zur Seite zu stehen. Dass der Arzt selbst ein Roma ist, baut Brücken und befördert Vertrauen. In Albanien unterstützt das Projekt ein interdisziplinäres Beratungszentrum für den Schutz von vernachlässigten und benachteiligten Kindern. Diese leben auf der Straße und versuchen dort, ein wenig Geld zu verdienen. Tagesbetreuungszentren ermöglichen ihnen ein gesundes Essen, ein Dach über dem Kopf und menschliche Zuwendung. In Bosnien und Herzegowina berät ein junger Mitarbeiter eines mobilen Help Desks Roma-Familien zu ihren Rechten und Ansprüchen und sensibilisiert Eltern für den Schulbesuch ihrer Kinder. In Kosovo unterstützt das Projektmultidisziplinäre Arbeitsgruppen in sechs Pilotgemeinden, die sich auf die Beratung und Verweisung benachteiligter Gruppen, darunter auch Rückkehrer*innen, an die zuständigen Stellen konzentrieren. In Serbien liegt der Fokus unter anderem darauf, Sozialdienste durch die Digitalisierung der Daten von Sozialämtern und Gemeinden effizienter zu gestalten.
Wo Menschen soziale Dienstleistungsangebote nicht nachfragen, weil sie nicht von ihnen wissen, sich nicht trauen, sie in Anspruch zu nehmen, oder ausgegrenzt werden, ermöglicht SoRi, dass sie beraten werden und Unterstützung, Offenheit und Empathie erfahren.
Menschenrechte schützen, stabile Lebensverhältnisse schaffen
Offiziell hat Mauretanien alle wichtigen internationalen Menschenrechtskonventionen anerkannt und in seinen nationalen Gesetzen verankert. Trotz zahlreicher Strategien und Aktionspläne, die Menschenrechte zu verwirklichen, sind verbriefte Rechte bisher jedoch kaum in die Tat umgesetzt. Das GIZ-Vorhaben „Menschenrechtsförderung und -dialog in Mauretanien“ unterstützt staatliche und zivilgesellschaftliche Institutionen dabei, Menschenrechte für breitere Teile der Gesellschaft besser zu verwirklichen.
Eine häufige Menschenrechtsverletzung in Mauretanien ist häusliche Gewalt gegen Frauen. Seit 2015 unterstützt die GIZ das mauretanische Ministerium für Soziales, Kinder und Familie (MASEF) beim Kampf gegen häusliche Gewalt.
Verlässliche Zahlen gibt es nicht, aber rund 50 Prozent der Mauretanierinnen im ländlichen Raum zeigen sich sehr besorgt über das Ausmaß häuslicher Gewalt. Neben psychischer und physischer Gewalt gibt es auch wirtschaftliche oder administrative Gewalt – zum Beispiel, wenn ein Mann seiner Frau nicht erlaubt zu arbeiten oder notwendige Papiere für die Anmeldung gemeinsamer Kinder verweigert.
Im Rahmen des Projekts erfolgt Menschenrechtsbildung „out of the box“. Zivilgesellschaftliche Basisorganisationen aus den zwei Regionen Assaba und Gorgol im Süden Mauretaniens haben innovative Tools für Sensibilisierungsmaßnahmen entwickelt. Bisher haben diese über 10.000 Personen erreicht. In Umfragen bestätigten mehr als 90 Prozent der Befragten, dass sie nun besser über häusliche Gewalt, Frauenrechte und Unterstützungsangebote Bescheid wissen. Die dabei entstandenen Sensibilisierungsansätze werden bei zwei zentralen gesellschaftlichen Ereignissen genutzt: bei traditionellen Hochzeitszeremonien in der maurischen und Fulbe-Kultur und in verschiedenen kulturellen und sportlichen Aktivitäten, die während der Regenzeit auf dem Land stattfinden.
Ein Beispiel sind Hochzeitsgesänge, in denen Frauenrechte besungen werden. Ein anderes Beispiel ist eine Art Diplom, das dem Bräutigam im Rahmen der Hochzeitszeremonie verliehen wird, wenn er sich zum Schutz der Frauenrechte verpflichtet und häuslicher Gewalt abschwört.
Ein Bewusstseinswandel in Menschenrechtsfragen gelingt nicht von heute auf morgen. Deshalb unterstützt das Projekt weiterhin lokale Akteur*innen bei der Sensibilisierung. Die innovativen Ansätze sind in einer Toolbox aufbereitet und zusammengefasst worden. Seit Oktober 2018 verteilt das Projekt mit Unterstützung der regionalen Strukturen des MASEF diese Toolboxen im Land und schult NGOs in ihrer Nutzung. Die NGOs nutzen anschließend die Toolbox für eigene Sensibilisierungsmaßnahmen – die „Hardcopy“ als Leihgabe oder die digitale „Softcopy“ zur individuellen Vervielfältigung einzelner Werkzeuge.
Das Vorhaben ist Teil der „Sonderinitiative zur Stabilisierung und Entwicklung in Nordafrika, Nahost“ des BMZ. In diesem Rahmen führen die GIZ und andere Organisationen im Zeitraum von 2014 bis 2023 mehr als 80 zusätzliche Entwicklungsprojekte durch, die wirtschaftliche und soziale Perspektiven für die Menschen in der Region schaffen.
SAFEGUARDS+GENDER-MANAGEMENTSYSTEM
Im Rahmen des im Dezember 2016 etablierten Safeguards+Gender-Managementsystems hat die GIZ im Berichtszeitraum 2018 insgesamt 293 Prüfungen zu Projekten weltweit durchgeführt, um den menschenrechtlichen Kontext des jeweiligen Projekts und Schlussfolgerungen für die Projektgestaltung zu untersuchen. Insgesamt 137 vertiefte Prüfungen zu Menschenrechten analysierten in größerer Detailtiefe mögliche nicht intendierte negative Wirkungen auf Menschenrechte und formulierten Maßnahmen zu deren Vermeidung oder Minderung.
Zum Weiterlesen:
Die GIZ Orientierung zu den Menschenrechten ist für alle Mitarbeiter*innen verbindlich. Die Menschenrechte sind damit Gradmesser für unsere Unternehmensprozesse.
Durch unsere Arbeit wollen wir gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen so verändern, dass Menschen ihre Rechte verwirklichen und in Würde leben können: Unsere Fachexpertise zu Menschenrechten
Unser Nachhaltigkeitsprogramm 2016–2020 dient als zentrale Richtschnur und Managementinstrument für die Arbeit des Sustainability Office. Dabei beinhaltet es auch das Thema Menschenrechte.
Menschenrechte spielen eine ganz zentrale Rolle für unsere Unternehmensidentität.
Die GIZ geht Hinweisen über mögliche negative Wirkungen ihres Handelns auf die Menschenrechte unmittelbar und in angemessener Weise nach: Beschwerdeverfahren Menschenrechte