An den Wänden Graffiti mit motivierenden Sprüchen und bunte Klebezettel, an der Bar gibt es Kaffee und Tee. Zwischen Betonsäulen sitzen lässig Frauen und Männer an Tischen, stecken die Köpfe zusammen oder tippen auf ihren Laptops. Dieses Loftbüro könnte auch in Berlin liegen – doch die jungen Leute arbeiten 4.000 Kilometer entfernt: „The Lab:Suli“ liegt im nordirakischen Sulaimaniya. Eine von fünf Städten, die im April 2019 am ersten landesweiten irakischen Hackathon teilgenommen haben.
Dieser Wettbewerb – eine Wortschöpfung aus „Hacken“ und „Marathon“ – ist ein Beispiel dafür, wie die GIZ dazu beiträgt, digitale Jobperspektiven für die Jugend des Landes zu schaffen. Für die Dauer eines Hackathons werden in kleinen Gruppen technologiebasierte Lösungen für bestimmte Fragestellungen erarbeitet. An dem Event im Irak nahmen mehr als 700 junge Leute vor Ort und über 10.000 im Netz teil. Sie widmeten sich Umweltthemen, etwa der Frage, wie Plastikmüll landesweit reduziert werden kann.
Im Auftrag des Bundesentwicklungsministeriums trägt die GIZ dazu bei, die Entwicklung eines nachhaltigen Ökosystems für Tech-Start-ups im Irak zu fördern. Besonders Frauen, Binnenvertriebene und Flüchtlinge sollen digitales Wissen erwerben und ihre Ideen für technologische Initiativen entwickeln können, um von besseren Beschäftigungsmöglichkeiten zu profitieren. Inzwischen gibt es landesweit fünf Innovationszentren: das im nordirakischen Sulaimaniya sowie in Erbil, Mossul, Basra und Bagdad. Die GIZ hat beim Aufbau geholfen und sie mit Co-Working-Bereichen, 3-D-Druckern, Lasercuttern oder Robotertechnik ausgestattet. Die Zentren, die unterschiedliche Schwerpunkte haben und unabhängig voneinander arbeiten, wurden im Rahmen des Projekts miteinander vernetzt. Neben Aufbau und Ausstattung unterstützt die GIZ in den fünf Innovationszentren auch Programmierkurse, Businesstrainings und Veranstaltungen. Rund 5.300 Menschen haben bisher teilgenommen. Irakerinnen und Iraker können sich durch die Angebote für den Arbeitsmarkt qualifizieren oder sich auf die Selbstständigkeit vorbereiten. Im Anschluss werden sie mit passenden Investoren und potenziellen Arbeitgebern zusammengebracht.
Das ist immens wichtig in einem Land, in dem fast zwei Drittel der Bevölkerung jünger als 25 Jahre sind. Viele sind Binnenvertriebene oder Flüchtlinge aus Syrien. Ihnen ist gemeinsam, dass sie kaum Beschäftigungschancen auf dem traditionellen Arbeitsmarkt haben. Die Informations- und Kommunikationstechnologie zeigt ihnen neue Perspektiven auf.
Hackathon überwindet Barrieren
„Es war ein großer Erfolg und hat vielen Jugendlichen im ganzen Land die Augen dafür geöffnet, was man gemeinsam erreichen kann. Für die meisten war es der erste Hackathon und er ermutigte alle, kreativ zu denken und nach Ideen für eine bessere Zukunft des Irak zu suchen“, betont Zahra Shah von „Re:Coded House“, dem Innovationszentrum in Erbil. Mehr noch: In einem Land, in dem Jahrzehnte kriegerischer Auseinandersetzungen deutliche Spuren hinterlassen haben, hat der gemeinsame Hackathon Barrieren überwunden. So fungiert digitale Technologie auch als friedensbildendes Element.
„Da wurde mir klar, dass es eine riesige Nachfrage gibt. Schulungen und Events allein reichten nicht aus, wir brauchten einen realen Ort.“
Salih Mahmod von „Mosul Space“ (© GIZ / Olivia Cuthbert)


Reale Orte für digitale Kreativität
In den fünf Innovationszentren des Landes findet die engagierte und technologieaffine Jugend Iraks inzwischen Orte des direkten sozialen und kreativen Austauschs. Wie im „Mosul Space“ im Herzen der nordirakischen Stadt. Hier sitzt der 23-jährige Salih Mahmod, einer der digitalen Vorreiter der Region. Er hatte bereits unter der Herrschaft der Terrormiliz „Islamischer Staat“ in seinem Unterschlupf auf dem Land improvisierte Computerkurse angeboten. Als Mossul im Sommer 2017 befreit war, kehrte er zurück. Der Elektronik- und Kommunikationsingenieur sah die Chancen der Digitalisierung für seine Generation und organisierte ein Festival seiner Fachschaft. Hunderte Studierende kamen. Junge Leute, die Alternativen zu den bisherigen Berufsfeldern im Irak suchten. „Da wurde mir klar, dass es eine riesige Nachfrage gibt. Schulungen und Events allein reichten nicht aus, wir brauchten einen realen Ort“, erinnert er sich. Er hatte im Netz von „Makerspaces“ gelesen. Diese offenen Hightech-Werkstätten, die mit modernsten Geräten wie 3-D-Druckern die direkte Herstellung von Prototypen möglich machen, gibt es inzwischen weltweit. Nach den ersten Anfängen unterstützte die GIZ das Team um Salih Mahmod beim Aufbau des Innovationszentrums „Mosul Space“, das neben Kursräumen und flexiblen Arbeitsplätzen für Technologie-Start-ups auch einen „Makerspace“ bietet. Der Kontrast zwischen dieser modernen Umgebung und der noch zerstörten Altstadt von Mossul könnte nicht größer sein. Doch er symbolisiert: Aufbruch.
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Entdecken Sie die Welt der GIZ anhand von Projektbeispielen aus dem Berichtsjahr 2019.
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